Donald Trump bleibt sich treu – auch außenpolitisch. Statt wie frühere US-Präsidenten bei seiner ersten Auslandsreise traditionell Nachbarländer wie Kanada, Mexiko oder enge Verbündete wie Großbritannien zu besuchen, steuerte Trump erneut Saudi-Arabien an. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er das Königreich als erstes Ziel gewählt – und ließ nie einen Zweifel daran, warum.
Nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus erklärte der Republikaner damals unverblümt, das saudische Königshaus habe US-Produkte im Wert von 450 Milliarden Dollar zugesagt. Für ihn war der Besuch eine klare Gegenleistung für das Geschäft. „Ich habe ihnen gesagt, ich komme, wenn ihr die Scheckbücher öffnet“, so Trump. Und jetzt? Offenbar stellt er ähnliche Bedingungen: Wenn Riad wieder 450 bis 500 Milliarden Dollar investieren wolle – „dann bin ich da“.
Tatsächlich kursieren derzeit Berichte über ein neues Rüstungspaket im Wert von rund 100 Milliarden Dollar, das Washington den Saudis angeboten haben soll. Darunter: Transportflugzeuge vom Typ C-130 des US-Konzerns Lockheed Martin, moderne Raketensysteme und Radar-Technologie. Auch bei Trumps Stationen in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten stehen wirtschaftliche Interessen im Fokus.
Für Trump sind solche Deals mehr als Außenpolitik – sie sind Teil seiner Erzählung vom wirtschaftlichen Aufschwung durch „America First“. Arbeitsplätze, Industrie, Exporterfolge. Doch auch private Interessen spielen eine Rolle: So unterzeichnete die Trump Organization jüngst einen Vertrag mit Katar für den Bau eines Golfplatzes nahe Doha – errichtet werden soll er von einem saudischen Unternehmen. Trumps Söhne Eric und Donald Jr. verfolgen zudem Pläne für ein Luxushotel in Dubai und ein Wohnhochhaus in Dschidda. Und auch Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn und einstiger Berater, ist als Investor weiterhin in der Golfregion aktiv.
Die Trennung von Staatsgeschäften und privaten Interessen bleibt damit bei Trump fließend – auch bei seiner außenpolitischen Rückkehr auf die große Bühne.
Im Weißen Haus betont man offiziell, ein stabiler und sicherer Mittlerer Osten liege im gemeinsamen wirtschaftlichen Interesse – sowohl für die Region als auch für die Vereinigten Staaten. Hinweise auf mögliche Interessenkonflikte zwischen Trumps politischen und privaten Verbindungen weist man zurück. Die Geschäfte seiner Söhne, heißt es, seien unabhängig von politischen Entscheidungen. Pikant bleibt derweil, dass ausgerechnet Trump einst Joe Biden und dessen Sohn Hunter vorwarf, familiäre Verbindungen für Geschäfte in der Ukraine und China genutzt zu haben.
Politisch steht die Region vor weit komplexeren Herausforderungen. Der Gaza-Krieg hat die Annäherungsversuche zwischen Israel und Saudi-Arabien empfindlich gestört. Noch unter Trump hatte Washington mit den sogenannten Abraham-Abkommen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten – darunter die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Marokko – eingeleitet. Präsident Biden versuchte, daran anzuknüpfen: Er wollte Saudi-Arabien mit einem Sicherheitsabkommen und dem Zugang zu hochmodernen US-Waffensystemen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel bewegen – unter der Bedingung, dass Riad keine chinesischen Rüstungsgüter mehr kauft und Pekings Einfluss im Land einschränkt.
Doch die Bemühungen scheiterten – nicht zuletzt wegen der israelischen Offensive im Gazastreifen, die in der arabischen Welt auf scharfe Kritik stößt. In Riad betont man immer wieder: Eine Normalisierung mit Israel sei nur denkbar, wenn es einen glaubwürdigen Weg zu einem palästinensischen Staat gebe.
Nun scheint die Trump-Regierung laut Reuters von dieser Bedingung abzurücken. Demnach könnte es künftig auch ohne israelisch-saudische Annäherung zu einer engeren Kooperation kommen – etwa im Bereich der zivilen Atomtechnologie. Saudi-Arabien verfolgt unter Kronprinz Mohammed bin Salman ambitionierte Pläne zur wirtschaftlichen Diversifizierung. Kernenergie soll dabei helfen, heimischen Energieverbrauch zu decken und mehr Öl für den Export freizumachen. Kritiker warnen jedoch: Hinter den zivilen Plänen könnten militärische Absichten stehen – insbesondere der Wunsch nach einem atomaren Gegengewicht zum Iran.
Ausgerechnet am Tag vor Trumps Besuch in Riad hatte US-Nahostbeauftragter Steve Witkoff in Oman die vierte Runde der Atomgespräche mit Teheran abgeschlossen. Die Stimmung sei „ermutigend“, hieß es vorsichtig aus Washington.
Auch geopolitisch setzt Trump offenbar auf neue Impulse aus der Golfregion. Noch vor wenigen Wochen hatte er ein mögliches Treffen mit Wladimir Putin in Saudi-Arabien angedeutet. Doch daraus wird wohl nichts: Der Kreml erklärte, Putin plane derzeit keine Reise in den Nahen Osten. Trump hingegen könnte Riad auffordern, die Ölförderung auszuweiten – ein Schritt, der auch den Druck auf Russland erhöhen würde. Ölpreise und Weltpolitik, Diplomatie und Deals – in Trumps Nahoststrategie verschwimmen die Grenzen.