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Islamfeindlichkeit in Frankreich

2:08 PM - 19 Mai, 2025
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Photograph: Mohamad Salaheldin Abdelg Alsayed/Anadolu via Getty Images

Von Golineh Djananpour, Brüssel

Eine entsetzliche Tat erschüttert Frankreich – und stellt die Republik erneut vor schwierige Fragen über Hass, Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt. In La Grand-Combe, einem kleinen und bislang eher ruhigen Ort im südfranzösischen Département Gard mit rund 5.000 Einwohnern, hat sich ein Verbrechen ereignet, das in seiner Brutalität und Symbolik kaum zu fassen ist. Ein junger Mann wurde auf offener Straße ermordet – offenbar aus rassistischen und islamfeindlichen Motiven.

Der mutmaßliche Täter, Olivier H., 21 Jahre alt, Franzose mit bosnischen Wurzeln und in Lyon geboren, hatte sich früh am Morgen zur örtlichen Moschee begeben. Dort traf er auf Aboubakar Cissé, einen 23-jährigen Einwanderer aus Mali, der die Gebetsräume für das Freitagsgebet vorbereitete. Cissé war allein. Wie es später aus Ermittlerkreisen hieß, hatte Olivier H. keinen Bezug zur Moscheegemeinde – niemand kannte ihn dort. Dennoch bat er den jungen Malier, ihm zu zeigen, wie man im Islam bete.

Cissé, offenbar ahnungslos, kniete sich nieder, um dem vermeintlich Interessierten zu demonstrieren, wie ein muslimisches Gebet beginnt. In diesem Moment zog Olivier H. ein langes Messer aus seiner Jackentasche – und stach ohne Vorwarnung auf sein Opfer ein. Dutzende Male. Die Tat wurde von Überwachungskameras der Moschee aufgezeichnet.

Was die Ermittler später beschrieben, lässt selbst erfahrene Kriminalbeamte erschauern: Während Aboubakar Cissé schwer verletzt am Boden lag und um sein Leben rang, zückte Olivier H. sein Handy und filmte die Szene – „mehrere Dutzend Sekunden lang“, wie es im Polizeibericht heißt. Auf dem Video sei zu hören, wie H. lautstark über Allah schimpfe, sein sterbendes Opfer verspottete und verkündete, er wolle noch weitere Menschen töten. Ziel sei es, als Serienmörder in Erinnerung zu bleiben. Die Festnahme durch die Polizei erwartete er offenbar mit kalter Berechnung. „Die holen mich jetzt sowieso“, soll er laut dem Mitschnitt gesagt haben.

In Paris hat der Mordfall eine hitzige Debatte entfacht. Präsident Emmanuel Macron ließ über den Élysée-Palast mitteilen, er sei „zutiefst erschüttert“ über die Tat und versprach, der Staat werde „mit aller Härte gegen Hass und Gewalt vorgehen, wo immer sie sich Bahn brechen“. Premierminister Gabriel Attal äußerte sich am Samstag in einer bewegenden Ansprache vor der Nationalversammlung: „Ein junger Mann, der nichts weiter tat, als seine Religion friedlich zu leben, wurde auf brutalste Weise ermordet – das ist nicht nur ein Verbrechen, es ist ein Angriff auf unser republikanisches Fundament.“

Auch Vertreter der muslimischen Gemeinschaft äußerten sich bestürzt, aber nicht überrascht. Der Dachverband der muslimischen Organisationen Frankreichs (CFCM) erklärte in einer Stellungnahme: „Seit Jahren warnen wir vor der Zunahme islamfeindlicher Hetze in bestimmten politischen und medialen Kreisen. Wer Hass sät, erntet Gewalt.“ Viele fordern nun eine konsequentere Bekämpfung antimuslimischer Straftaten – sowohl juristisch als auch gesellschaftlich.

Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) reagierte auffällig verhalten. Parteivorsitzende Jordan Bardella sprach von einer „tragischen Einzeltat“ und warnte davor, „voreilige Rückschlüsse zu ziehen“. Kritiker werfen der Partei jedoch vor, durch ihre Rhetorik zum gesellschaftlichen Klima beizutragen, in dem solche Taten gedeihen können.

Vor der Moschee von La Grand-Combe wurden Kerzen aufgestellt, Blumen niedergelegt. Einfache Botschaften wie „Frieden“, „Nicht in unserem Namen“ und „Aboubakar, wir vergessen dich nicht“ zieren handgemachte Plakate. Die kleine muslimische Gemeinde des Ortes steht unter Schock – ebenso wie viele andere Einwohnerinnen und Einwohner, unabhängig von Religion oder Herkunft. Der Bürgermeister, Patrick Malavieille, betonte in einer bewegten Pressekonferenz: „La Grand-Combe ist ein Ort des friedlichen Zusammenlebens. Was hier geschehen ist, widerspricht allem, wofür wir als Gemeinde stehen.“

Die Polizei hat unterdessen die Sicherheitsmaßnahmen rund um religiöse Einrichtungen im Département Gard und darüber hinaus erhöht. Landesweit wurden muslimische Gemeinden aufgerufen, wachsam zu bleiben. Doch vielerorts überwiegt die Angst – nicht nur vor weiteren Angriffen, sondern auch vor einer politischen Instrumentalisierung der Tat.

Das Thema „Laizität“, also die Trennung von Religion und Staat, wird schon jetzt wieder kontrovers diskutiert. Während rechte Stimmen mehr Überwachung und Restriktionen für religiöse Ausdrucksformen fordern, sehen linke Parteien die dringende Notwendigkeit, Rassismus und Ausgrenzung entschlossener zu bekämpfen.

Die Tat von La Grand-Combe wirft ein grelles Licht auf die Bruchlinien in der französischen Gesellschaft – zwischen religiöser Vielfalt und säkularer Norm, zwischen republikanischem Ideal und sozialer Realität. Wie Frankreich auf diesen Mord reagiert, könnte zu einem Prüfstein dafür werden, wie stabil das republikanische Versprechen von „Liberté, Égalité, Fraternité“ heute noch ist.

Innenminister Gérald Darmanin sprach von einem „offenkundig rassistisch motivierten Mord“ und kündigte umfassende Ermittlungen an. Die Antiterror-Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob ein islamfeindlicher Hintergrund offiziell als Tatmotiv anerkannt wird. Schon jetzt deutet vieles auf ein gezieltes Hassverbrechen hin.

Sein Video postete er auf Discord, einer Chatplattform, die es nach kurzer Zeit löschte. Olivier H. floh nach seiner Tat mit dem Auto, drei Tage war er unterwegs. Erst Tage später stellte er sich auf einer Polizeiwache in Pistoia bei Florenz. Offenbar hatten seine Familie und Bekannte ihn dazu bewegt.

Nach einer ersten Prüfung des Falls sagte der zuständige Staatsanwalt, die Ermittler gingen davon aus, dass es sich um eine Tat „mit einem rassistischen und islamfeindlichen Hintergrund“ handeln könnte. Andere mögliche Erklärungen, die mit der Psyche des Täters zu tun hätten, seien aber nicht ausgeschlossen. Olivier H. war bis dahin nicht aufgefallen. Überhaupt ist bisher relativ wenig über ihn bekannt, außer dass er Arbeitslosengeld bezieht, seine Zeit vor allem mit Videospielen verbrachte und sein Opfer nicht kannte.

Doch bei allen offenen Fragen: Der Fall löste eine Kontroverse aus in der französischen Politik, die symptomatisch ist für das Klima und die Polarisierung im Land – nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 und den Folgen des Terrorüberfalls der Hamas auf Israel, seitdem aber noch viel mehr als zuvor. Staatspräsident Emmanuel Macron und Premierminister François Bayrou beeilten sich, mit deutlichen Stellungnahmen in den sozialen Medien ihre Abscheu über die Tat kundzutun und die Gemüter zu beruhigen. Bayrou sprach von einer „islamophoben Schande“, die sich zugetragen habe.

Doch in seiner Regierung sehen das manche Minister nuancierter: Sie wehren sich gegen den Begriff der „Islamophobie“, die für eine tiefe Angst, Ablehnung und Feindseligkeit gegen den Islam und gegen Muslime steht. Manuel Valls etwa, früher Premier und heute Minister für Übersee, sagte, die „schreckliche Tat“ von La Grand-Combe sei womöglich „antimuslimisch konnotiert“. Doch Islamophobie sei ein ideologischer Kampfbegriff, den die iranischen Mullahs oft benutzt hätten im Kampf gegen ihre Gegner, man dürfe ihn deshalb nicht übernehmen. Valls nannte Frankreich bei der Gelegenheit „ein altes Land des Christentums“.

Ist die Begriffsdiskussion eine Wortklauberei? Eine gezielte Verniedlichung der Islamfeindlichkeit? Auch Innenminister Bruno Retailleau, ein Republikaner am rechten Rand seiner Partei, mochte nicht von Islamophobie sprechen. Retailleau, der sonst immer sofort an jeden Tatort reist, um sich an der Seite von Opfern zu zeigen, brauchte diesmal zwei Tage, bis er sich in die Gegend aufmachte.

Die radikal linke Partei La France Insoumise wirft dem Innenminister und dem rechten Lager insgesamt vor, sie mäßen mit unterschiedlichem Maß, je nach Religion der Opfer. „Islamophobie tötet. Und alle, die dazu beitragen, sind mitschuldig“, sagte Jean-Luc Mélenchon, Kopf der Partei, auf einer Kundgebung auf dem Pariser Place de la République. Mélenchon wiederum muss sich vorwerfen lassen, dass er mit seiner ambivalenten Haltung zur Hamas und seiner vehementen Kritik an Israel im Nachgang zum 7. Oktober antisemitische Reflexe genährt habe.

Die Ermordung von Aboubakar Cissé fällt in eine Zeit zunehmender gesellschaftlicher Spannungen in Frankreich. Die Polarisierung hat viele Ursachen und noch mehr Akteure. Während antisemitische Vorfälle in den vergangenen Monaten stark zugenommen haben – insbesondere seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 –, steigt auch die Zahl antimuslimischer Übergriffe und Anfeindungen seit Jahren kontinuierlich. Laut offiziellen Zahlen verzeichnete das französische Innenministerium allein im Jahr 2024 mehr als 200 dokumentierte islamfeindliche Straftaten – von Sachbeschädigungen an Moscheen über Drohbriefe bis hin zu körperlichen Angriffen.

Ein beunruhigendes Element in diesem Klima ist die mediale Begleitmusik. Besonders im Umfeld der extremen und identitären Rechten wird gezielt gegen den Islam Stimmung gemacht. Dabei spielen die Medienunternehmen des konservativen Unternehmers Vincent Bolloré eine zentrale Rolle. Sender wie CNews oder Europe 1, deren politische Kommentatoren regelmäßig gegen den „islamischen Separatismus“ wettern oder die muslimische Präsenz in Frankreich als „demografische Bedrohung“ darstellen, bieten nahezu täglich eine Bühne für ressentimentgeladene Narrative. Kritikern zufolge tragen diese Medien erheblich zur Normalisierung von Islamfeindlichkeit in der öffentlichen Debatte bei – unter dem Deckmantel einer vermeintlich „unverblümten Meinungsfreiheit“.

Ob Olivier H. sich von genau diesem medialen Diskurs inspirieren ließ, ist bislang unklar. In Verhören soll er sich widersprüchlich geäußert haben. Zwar sprach er offen von seinem Hass auf den Islam, doch konkrete Hinweise auf eine organisierte Radikalisierung – etwa durch Online-Foren oder politische Gruppen – liegen bislang nicht vor. Die Ermittler prüfen jedoch seine digitalen Spuren intensiv.

Während Frankreich über Ursachen und politische Konsequenzen diskutiert, versucht die Gemeinde von La Grand-Combe, mit dem Verlust umzugehen. Aboubakar Cissé war in der Nachbarschaft kein Unbekannter. Er galt als hilfsbereit, ruhig, gut integriert – jemand, der anpackte, wenn es nötig war, der sich für die Moschee und das Gemeindeleben engagierte. Dass er Opfer eines so grausamen Verbrechens wurde, hat viele Menschen im Ort tief erschüttert.

In den Tagen nach der Tat wurde eine Kollekte organisiert, zunächst von Mitgliedern der muslimischen Gemeinde, dann unter Beteiligung vieler Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Ziel war es, genügend Geld zu sammeln, um den Leichnam von Aboubakar Cissé nach Mali zu überführen – in das Dorf, aus dem er stammt, wo seine Eltern und Geschwister leben. Die Spendenbereitschaft war groß. Innerhalb von 48 Stunden kam eine fünfstellige Summe zusammen.

„Das ist das Mindeste, was wir für ihn tun können“, sagt Souleymane Traoré, ein Bekannter von Cissé. „Er ist in einem Land gestorben, das seine neue Heimat werden sollte. Aber seine letzte Ruhe soll er dort finden, wo seine Wurzeln sind.“

Die Gemeinde plant zudem eine interreligiöse Gedenkveranstaltung auf dem zentralen Platz des Ortes. Christen, Muslime, Nichtgläubige – sie alle wollen gemeinsam ein Zeichen setzen gegen Hass, gegen Spaltung, gegen Angst. La Grand-Combe, so hoffen viele, soll nicht als Tatort in Erinnerung bleiben, sondern als Ort, an dem Menschen zusammenstehen, wenn das Unsägliche geschieht.

Alle Veröffentlichungs- und Urheberrechte sind dem MENA Research Center vorbehalten.

Tags: FrankreichIslamophobiaMuslimgemeinschaft

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