Angesichts der jüngsten US-Iran-Gespräche, die von Oman ausgerichtet wurden, und der allgemeinen Entwicklungen im Nahen Osten haben wir mit Dr. Ariel Admoni, einem Experten für qatarische Außen- und Innenpolitik, gesprochen, um ein besseres Verständnis für die Außenpolitik, die inneren Dynamiken und die regionale Rolle dieses kleinen, aber wohlhabenden und ambitionierten Golfstaates zu erhalten.
Die Gespräche zwischen dem US-Sondergesandten Steven Witkoff und dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi in Oman über eine mögliche Normalisierung wurden vom Weißen Haus als „positiv und konstruktiv“ bezeichnet. Auch das Außenministerium Katars hat eine Stellungnahme abgegeben, in der es die Gespräche zwischen den USA und dem Iran begrüßt. Können Sie die Außenpolitik Katars gegenüber dem Iran und seinen Ansatz zur Normalisierung mit Washington näher erläutern?
Wenn wir die Haltung Katars gegenüber dem Iran betrachten, stellen wir fest, dass Katar im Gegensatz zu den meisten anderen Golfstaaten – insbesondere seit der Islamischen Revolution – einem konstanten Dilemma ausgesetzt war. Seit den 1990er-Jahren erkennen wir, dass sich Katar in seiner Iran-Politik von seinen Nachbarn am Golf abheben wollte.
Bereits in den 1980er-Jahren, selbst nach der Katastrophe in Mekka mit iranischen Pilgern, ergriffen die meisten Golfstaaten eine harte Haltung gegenüber dem Iran – Katar hingegen verfolgte einen gemäßigteren Kurs. Ab den 1990er-Jahren unter der Führung des damaligen Emirs Hamad bin Khalifa Al Thani begann für Katar eine Phase des Wandels. Doch die Haltung gegenüber dem Iran war keine völlig neue, sondern vielmehr eine Fortführung einer älteren Strategie, die auf ein Gleichgewicht zwischen alten Allianzen abzielte.
1990 erklärte der damalige Außenminister Hamad bin Jassim bin Jaber Al Thani: „Wir sind stolz darauf, dass wir gleichzeitig mit Israel und dem Iran sprechen können. Das macht uns besonders.“ In diesem Sinne kann man sagen, dass Katar in den letzten 20 Jahren – selbst während der Spannungen zwischen Riad und Teheran – stets versucht hat, ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.
Diese Balance wurde besonders während der Golfkrise 2017 deutlich, als eine der Hauptforderungen an Doha darin bestand, die Beziehungen zu Teheran abzubrechen. Stattdessen stützte sich Katar teilweise auf die iranische Wirtschaft, um die Blockade zu überwinden und die eigene Stabilität zu sichern.
Doch – und hier liegt der entscheidende Punkt – als die gesamte Golfregion eine versöhnlichere Haltung einnahm, etwa durch die Annäherung zwischen Iran und Saudi-Arabien, geriet Katars besondere Position unter Druck. Die Rolle als „Brückenbauer“ oder „einzigartiger Vermittler“ verlor an Bedeutung.
Aus diesem Grund entstanden Spannungen zwischen Teheran und Doha – wenn auch keine tiefgreifenden. Der Iran drängt weiterhin darauf, dass Katar stärker in die iranische Wirtschaft investiert und die bilateralen Beziehungen vertieft. Katar hingegen bleibt vorsichtig.
Katar verfolgt weiterhin seine Ausgleichsstrategie und konnte unter der Biden-Regierung sogar als Vermittler auftreten – insbesondere in den Diskussionen über ein neues Atomabkommen. Auch unter der Trump-Regierung hatte sich Katar eine solche Rolle erhofft, was jedoch nicht zustande kam.
Der Grund für das Scheitern liegt darin, dass sich Katar im Rahmen dieses sensiblen Gleichgewichts letztlich für Washington und nicht für Teheran entschied. Die Tatsache, dass Khamenei Katar öffentlich auf Twitter kritisierte, weil es zustimmte, im Auftrag der USA 6 Milliarden Dollar eingefrorener Gelder freizugeben, war für Teheran ein Wendepunkt. Für die iranische Seite war Katar kein ehrlicher Vermittler mehr, sondern stand auf Seiten Washingtons.
Vor diesem Hintergrund ist die unterstützende Stellungnahme Dohas zur Rolle Omans bei den US-Iran-Gesprächen ein Versuch Katars, das Beste aus der Situation zu machen. Die Wahrheit ist, dass man in Doha enttäuscht war, dass Oman als Vermittler ausgewählt wurde. Dennoch hofft man, durch eine unterstützende Haltung wieder Einfluss gewinnen zu können – obwohl es unter der aktuellen Regierung in Teheran gewisse Spannungen gibt.
Die Beziehungen zwischen den USA und Katar bleiben stark, gestützt auf über 50 Jahre Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Sicherheit und Kultur. Als Donald Trump ins Weiße Haus kam und neue Dynamiken aus Washington viele europäische Staatschefs verunsicherten – wie wurde das in Katar wahrgenommen? Beobachten wir Veränderungen in den bilateralen Beziehungen?
Zunächst möchte ich betonen, dass die Beziehungen zwischen Katar und den USA derzeit sehr stark, jedoch auch asymmetrisch sind. Katar kooperiert mit den USA auf höchster Ebene. Es gab sogar Lob von Trump selbst, aus seinem inneren Kreis sowie von führenden Wirtschaftspersönlichkeiten. Die Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf subföderale Ebenen.
Erst gestern wurde beispielsweise ein Memorandum of Understanding zwischen dem katarischen Innenministerium und dem Los Angeles Police Department (LAPD) unterzeichnet. Es gibt zudem eine enge Zusammenarbeit mit Städten wie Houston und Bundesstaaten wie North Carolina sowie Investitionen in Oklahoma. Das ist ein wichtiger Punkt, denn Katar möchte sich – insbesondere gegenüber Trump – als wirtschaftsfreundlich, sicherheitsorientiert und an den von ihm definierten Zielen ausgerichtet präsentieren.
Wenn wir von der neuen Dynamik sprechen, ist das ein entscheidender Punkt für Katar. Die Trump-Regierung erwies sich als deutlich weniger vorhersehbar als die Regierung Biden. Tatsächlich haben sich viele globale Akteure aufgrund dieser Instabilität distanziert.
Historisch gesehen änderte sich Trumps Haltung gegenüber Katar drastisch – etwa 2017 war er stark gegen Katar, und schon im folgenden Jahr sehr pro-katarisch.
Aufgrund dieser Unberechenbarkeit bleibt Katar vorsichtig, aber engagiert. Man weiß in Doha nicht, was Trump als Nächstes tun könnte. Deshalb versuchte Katar – sowohl vor als auch insbesondere nach seiner Amtseinführung – sich als ein nützlicher und verlässlicher Partner in verschiedenen Sektoren zu positionieren. Sie bemühten sich, ihre Rolle in Verhandlungen hervorzuheben und pflegten gute Beziehungen zu Trumps Umfeld.
Und das umfasst auch finanzielle Verbindungen. Man darf die geschäftlichen Beziehungen zu Personen wie Steven Witkoff, Jared Kushner und Unternehmen wie Tesla und Starlink nicht vergessen. Deshalb wird Katar sowohl im Weißen Haus als auch im Kongress derzeit als ein Partner wahrgenommen, den es sich zu behalten lohnt.
Die Kataris versuchen, gute Beziehungen zu Republikanern wie auch zu Demokraten aufrechtzuerhalten – sie wollen die Vereinigten Staaten nicht verärgern.
Darüber hinaus variierte Katars Haltung zur Unterstützung bewaffneter Gruppen oder terroristischer Bewegungen je nach US-Regierung. Unter Biden konnten sie offener agieren. Unter Trump jedoch zeigten sie sich ambivalenter. Obwohl sie weiterhin Unterstützung leisteten, warteten sie oft – leider – auf ein grünes Licht aus Washington, um legitime Hilfen zu übermitteln.
Unter Trump agierten sie – anders als unter Biden – zurückhaltender, unterstützten in geringerem Umfang und achteten darauf, ihre Stellung in Washington abzusichern, bevor sie Schritte unternahmen, die den US-Präsidenten provozieren könnten. Im Fall Syrien zum Beispiel warteten sie auf eine Genehmigung der USA, bevor sie Gelder übermittelten.
Und wenn wir die Zusammenarbeit mit der Biden-Regierung mit der aktuellen unter Trump vergleichen – sehen Sie da eine Intensivierung der Kooperation oder bleibt sie eher auf demselben Niveau?
Ich würde sagen, sie bleibt mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau. Katar wusste in den letzten 20–30 Jahren sehr genau, wie man seinen Einfluss in den USA ausbaut. Doha hat schnell erkannt, wie es die aktuelle Lage ausnutzen kann, um seine Verbindungen zu vertiefen. Wenn wir also mehr Handelsvolumen oder Investitionen sehen, liegt das nicht daran, dass Republikaner oder Demokraten regieren, sondern daran, dass sich Katar in den USA sehr gut positioniert hat.
Nach Katars jüngster humanitärer Unterstützung und hochrangigen Besuchen im Sudan – etwa dem Besuch von Ministerin Mariam bint Nasser Al-Misnad in Port Sudan im April 2025 – wie nutzt das Emirat seine neutrale Position, um zur Beendigung des andauernden Konflikts in diesem afrikanischen Land beizutragen?
Wenn wir die Außenpolitik Katars allgemein betrachten – und Sudan ist dafür ein besonders gutes Beispiel – müssen wir zwischen PR-Darstellung und tatsächlichen politischen Zielen unterscheiden. Aus PR-Sicht bemüht sich Katar stark, eine klare Haltung in internationalen Organisationen zu vertreten, besonders bei der UNO und ihren Unterorganisationen. Es versucht, sich als humanitärer Akteur darzustellen, der in der Lage ist, auf Krisen wie die im Sudan zu reagieren – durch Geldtransfers und finanzielle Hilfe.
Die Verwendung derselben Vermittler in verschiedenen Kontexten ist dabei nicht nur Diplomatie, sondern auch Geschäft. Katars humanitäre Kampagnen dienen als strategisches Mittel zur Machtausweitung. Der Zugriff auf oder die Kontrolle über Infrastrukturen wie Häfen und internationale Flughäfen ist ein wiederkehrendes Muster in Ländern, in denen Katar aktiv wird. Diese Infrastruktur ist häufig Ziel katarischer Interessen unter dem Deckmantel humanitärer oder entwicklungspolitischer Zusammenarbeit.
Daher sollten wir Katars Selbstinszenierung als neutraler und positiver Akteur im Sudan genauer betrachten. In vielen Fällen, in denen Katar behauptet, aus humanitären Gründen zu handeln, dient diese Fassade dazu, mit allen Seiten des Konflikts kommunizieren zu können. Diese Position als Vermittler ist effizient – aber auch zweckgerichtet. In Wirklichkeit ist diese Rolle häufig ein Mittel zur Erreichung finanzieller, politischer oder geopolitischer Ziele.
Wir sollten auch Katars Beziehung zu den Oppositionskräften im Sudan kritisch beleuchten. Ich bin zwar kein Experte für sudanesische Innenpolitik, aber wenn Fachleute Katars Haltung gegenüber der sudanesischen Opposition untersuchen würden, denke ich, dass sie feststellen würden, dass Katar sich aus PR-Sicht als friedensorientiert und verhandlungsbereit präsentiert – im Einklang mit westlichen Erwartungen.
In der Praxis jedoch, ähnlich wie wir es in anderen Konflikten wie dem Russland-Ukraine-Krieg gesehen haben, unterstützt Katar oft beide Seiten. Diese Doppelstrategie spiegelt wider, dass Sudan kein strategisches Ziel an sich ist, sondern eher eine Figur in einem größeren geopolitischen Spiel.
Kommen wir nun zu Katars Rolle als Vermittler – eine Rolle, die weit über die Region hinaus bekannt ist. Doha half beispielsweise bei der Organisation eines Gefangenenaustauschs zwischen der Ukraine und Russland. Im Licht der aktuellen diplomatischen Bemühungen unter US-Führung – welche Rolle nimmt die katarische Führung im Zusammenhang mit diesem Konflikt ein?
Ich denke, dass Trumps Einzug ins Weiße Haus Katar in eine sehr heikle Lage versetzt hat. Wie bereits erwähnt, gab es zwar gute Beziehungen zwischen der Trump-Regierung und Katar, doch musste Katar vorsichtig agieren, da Trumps Entscheidungen oft unberechenbar waren.
Aus diesem Grund versuchte sich Katar in den letzten Monaten der ersten Trump-Regierung in verschiedenen internationalen Konflikten so zu positionieren, dass es für alle Seiten akzeptabel blieb – da man Trumps Haltung nicht vorhersehen konnte. Zum Beispiel versuchte man sich als Vermittler bei den Taliban zu etablieren, um die Freilassung amerikanischer Geiseln zu erleichtern.
In ähnlicher Weise sahen wir, wie Katar in der heutigen Trump-Regierung den Umgang mit dem Russland-Ukraine-Krieg navigierte. Interessanterweise trafen sich sowohl Selenskyj als auch Putin mit dem Emir von Katar und äußerten ihre Wertschätzung – weil Katar es schaffte, die Beziehungen zu beiden Akteuren auszubalancieren. Ein Bericht erwähnte Katar als Vermittler bei Rettungsaktionen ukrainischer Kinder, während es gleichzeitig Russland im Energiesektor unterstützte – und laut einigen Quellen sogar Waffenlieferungen an die Ukraine tätigte.
Als Trump erneut im Amt war, verstand Katar sehr genau, dass es sich bei dieser Regierung um eine handelte, die man nicht falsch einschätzen durfte. Anders als bei der Biden-Regierung, bei der eine pro-ukrainische Haltung eindeutig mit der US-Politik übereinstimmte, konnte Katar unter Trump nicht sicher sein, was positiv wahrgenommen würde.
Deshalb wählte Katar einen neutraleren Ansatz. Sie stellten ihre Handlungen als rein humanitär dar – sprachen von Hilfeleistungen, Gefangenenaustausch und allgemeinen Bemühungen zur Linderung von Leid – und vermieden dabei jede eindeutige politische Positionierung. Sie hielten sich zurück und konzentrierten sich auf allgemein akzeptierte Ziele wie Gefangenenaustausch oder Friedensappelle – also Positionen, die unabhängig vom Kurs Washingtons breite Unterstützung finden.
Angesichts Katars Vermittlerrolle im Gaza-Konflikt und der Tatsache, dass es Führungsmitglieder der Hamas beherbergt – wie gelingt es Doha, im komplexen Beziehungsgeflecht mit anderen Golfstaaten und Israel im sich wandelnden Nahen Osten des Jahres 2025 als unparteiischer Akteur aufzutreten?
Wie bereits erwähnt, nutzt Katar das humanitäre Narrativ sehr effektiv als Mittel zur Positionierung auf verschiedenen Ebenen. Im Fall von Gaza – und auch dem, was sie das Westjordanland nennen – sehen wir Katars anhaltende Verbindungen zur Hamas und anderen terroristischen Organisationen. Katar hat diese Gruppen weiterhin offen und mit Stolz finanziert. Seit dem Waffenstillstand 2025 agiert Katar dort sogar besonders offensiv. Wir wissen, dass unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe geliefertes Gerät und Treibstoff später für Hamas-Operationen genutzt wurden.
Der „humanitäre Winkel“ ist für Katar ein strategisches Mittel zur Einflussnahme geworden. Treibstoff etwa wurde nicht nur nach Gaza geliefert, sondern auch nach Libanon. Erst gestern kündigte der Qatar Fund for Development seine zweite Lieferung in diesem Jahr an – mehrere hundert Tonnen, verschickt in den Libanon. Ähnlich agierte Katar auch in Syrien, wo es Ausrüstung und Gaslieferungen unterstützte.
Bei Doha erkennt man ein wiederkehrendes Muster: Während es sich als humanitärer Akteur präsentiert, beherrscht Katar die Kunst, Hilfe als geopolitisches Werkzeug einzusetzen. Kurz nachdem Katar seine Präsenz in der Flüchtlingszone von Burdur ankündigte, verkündete Sheikha Mozas Stiftung „Education Above All“ die Eröffnung einer Bildungseinrichtung in Gaza – Al-Fakhoura. Gleichzeitig reiste Katars Bildungsministerin Lolwah bint Rashid Al-Khater nach Beirut, um über eine Bildungskooperation mit dem Libanon zu sprechen. Diese Aktionen erscheinen humanitär, sind jedoch tief in eine umfassendere politische Agenda eingebettet.
Bei der Analyse Katars als geopolitischer Akteur müssen wir auch seine Beteiligung an den Bereichen Energie, Bildung, Umsiedlung – und ja, auch Terrorismus – berücksichtigen. In den letzten zehn Jahren hat Katar unter dem Vorwand humanitärer Hilfe Gelder und Ressourcen an subversive und terroristische Bewegungen weitergeleitet – sowohl in Form von Geld als auch teilweise in Form von Waffen.
Katar ist kein neutraler Akteur. Während des aktuellen Krieges hat sich Katar lautstark gegen jede israelische Aktion ausgesprochen – gleichzeitig aber explizit oder implizit Organisationen wie die Hamas und teils sogar die Hisbollah unterstützt, beide von den USA und der EU offiziell als terroristische Organisationen eingestuft.
Und zum Abschluss unseres Gesprächs: Was sind aus katarischer Sicht derzeit die drängendsten außen- und innenpolitischen Herausforderungen?
Wir vergessen oft, dass Katar ein sehr kleiner Staat ist – und sich dessen in globalen Angelegenheiten sehr bewusst ist. Aus diesem Grund verfolgt die katarische Führung, inklusive ihrer Nachrichtendienste, seit Langem einen Balanceakt zwischen den großen globalen Mächten. Katar versucht, seine Beziehungen zu China zu wahren und gleichzeitig enge Partnerschaften mit dem Westen aufrechtzuerhalten.
Wie wir heute gesehen haben, gibt es zahlreiche Beispiele für diese doppelgleisige Diplomatie. In Sudan etwa pflegte Katar Beziehungen sowohl zur legitimen Regierung als auch zu subversiven Gruppen. Ähnliches zeigte sich im Kontext des Russland-Ukraine-Kriegs. Doch anders als andere kleine Staaten, die einfach „mit allen befreundet“ sein wollen, geht Katar einen Schritt weiter: Es sorgt dafür, dass jeder Akteur nicht nur einen Grund zur Kooperation hat – sondern in manchen Fällen auch einen Grund, vorsichtig zu sein.
Das mag übertrieben klingen, aber ein Teil von Katars Einfluss liegt im strategischen Einsatz von Medien, Investitionen und – manchmal – auch in seinen Verbindungen zu subversiven Bewegungen. Diese Strategie sichert Katar einerseits Einfluss, andererseits schreckt sie potenzielle Gegner ab.
Diese außenpolitisch geprägte Denkweise, die aus Unsicherheit geboren ist, zeigt sich auch im Inneren. Im vergangenen Jahr hat die katarische Führung ihre Macht im Inland weiter gefestigt. Die Herrscherfamilie übernahm mehr Kontrolle über Ministerien, Sportvereine und andere Institutionen – teils wurden Angehörige anderer einflussreicher Familien wie der Al-Attiyah durch loyale Vertraute ersetzt.
Gleichzeitig kam es in den letzten zwei Jahren zu dem, was man als Repression gegenüber ausländischen Arbeitskräften bezeichnen könnte. Es gab Berichte über Verhaftungen indischer IT-Spezialisten, philippinischer Arbeiter und insbesondere die Festnahme von acht indischen Militärveteranen, die in Katar tätig waren. Diese Maßnahmen sind Teil einer umfassenderen Strategie zur innenpolitischen Kontrolle.
Auch politisch zeigte sich diese Entwicklung: Katar sagte seine ohnehin sehr begrenzten Wahlen zum Konsultativrat ab – einem Gremium ohne echte legislative Macht, das aber als symbolischer Schritt in Richtung Teilhabe galt. Selbst diese bescheidenen, nur für Katarer offenen Wahlen wurden gestrichen – Ausdruck wachsender Sorge um die innere Stabilität in einem zunehmend instabilen internationalen Umfeld.
Zusammengefasst navigiert Katar die unberechenbare globale Bühne weiterhin mit seiner Strategie des Machtgleichgewichts: außenpolitisch flexibel, innenpolitisch rigide. Diese Doppelstrategie hat Katar in den letzten drei Jahrzehnten gute Dienste geleistet – aber es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig sie unter den heutigen globalen Bedingungen sein wird.