Der Iran hat direkte Gespräche mit den Vereinigten Staaten über sein umstrittenes Atomprogramm vorerst ausgeschlossen. Wie der iranische Regierungschef Massud Peseschkian mitteilte, habe der Oberste Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, dem US-Präsidenten Donald Trump in einem offiziellen Schreiben mitgeteilt, dass Teheran gegenwärtig keine direkten Verhandlungen aufnehmen werde. Khamenei habe jedoch betont, dass man zu einem diplomatischen Austausch über inoffizielle oder indirekte Kanäle weiterhin bereit sei.
Der Brief stellt eine Reaktion auf ein Schreiben Trumps dar, das Anfang März in Teheran eingegangen war. Darin hatte der US-Präsident den Iran unter Druck gesetzt, möglichst rasch Verhandlungen über sein Atomprogramm aufzunehmen – ein zentraler Streitpunkt, der die Beziehungen zwischen den beiden Ländern seit Jahren belastet. Trump soll in dem Schreiben eine Frist von zwei Monaten gesetzt haben, um zu einer Einigung zu gelangen.
Unmittelbar nach der Absage aus Teheran verschärfte Trump den Ton deutlich. In einem Fernsehinterview reagierte er mit unverhohlener Drohung: „Wenn sie keinen Deal machen, wird es Bombardierungen geben.“ Auch wirtschaftliche Strafmaßnahmen stellte er erneut in Aussicht. Insbesondere kündigte er sogenannte Sekundärsanktionen an – also Maßnahmen, die sich gegen ausländische Unternehmen richten, die mit dem Iran Geschäfte machen, etwa durch den Kauf von iranischem Öl.
Später erklärte Trump vor Reportern im Weißen Haus, man werde „wahrscheinlich einige Wochen abwarten“ und die Entwicklungen beobachten. Sollte es in dieser Zeit keine Fortschritte geben, sei mit der Umsetzung der angedrohten Sanktionen zu rechnen. Die Aussagen des Präsidenten decken sich mit verschiedenen Medienberichten, denen zufolge Trump in seinem Schreiben eine zweimonatige Frist gesetzt hatte, um eine diplomatische Lösung herbeizuführen.
Die Ablehnung direkter Verhandlungen durch den Iran signalisiert, dass das Vertrauen in die US-Regierung unter Trump weiterhin stark erschüttert ist – nicht zuletzt wegen des einseitigen Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen von 2015 (JCPOA) und der darauffolgenden Wiedereinführung harter Sanktionen.
Khamenei drohte für den Fall eines Angriffs vorsorglich mit einem „entschlossenen Gegenschlag“. Allerdings halte er eine amerikanische Intervention „nicht für sehr wahrscheinlich“. Die staatliche Zeitung „Tehran Times“ schrieb, „iranische Raketen sind in allen unterirdischen Raketenstätten auf Abschussrampen geladen und bereit zum Abschuss“. Der Stabschef der iranischen Streitkräfte, Mohammad Bagheri, ließ sich bei einer Inspektion von Abschussanlagen in Tunneln filmen. Iran ist in der Lage, amerikanische Stützpunkte im Nahen Osten anzugreifen. Außerdem droht Teheran, Energieinfrastruktur in der Region zu zerstören und die Schifffahrt durch die Straße von Hormus zu behindern, um den Ölpreis auf dem Weltmarkt in die Höhe zu treiben. Nachdem Iran auf den jüngsten israelischen Angriff im Oktober 2024 nicht mit Vergeltung reagiert hat, will es offenbar keine weiteren Zweifel an seiner Entschlossenheit aufkommen lassen.
Damit wächst die Gefahr, dass beide Länder in eine Eskalationsspirale eintreten, auch wenn sie daran kein Interesse haben mögen. Nach dem Amtsantritt Trumps hatte Iran zunächst Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Offenbar gab es die Erwägung, dass der Präsident einem für Teheran annehmbaren Abkommen zustimmen könnte, um sich als „Deal-Maker“ zu profilieren. Zu einem Umdenken führte ein Memorandum Trumps im Februar, in dem er die Wiederaufnahme seiner Politik des „maximalen Drucks“ ankündigte. In dem Papier heißt es, dass der Druck sich nicht nur gegen das Atomprogramm richte, sondern auch gegen Irans ballistisches Raketenprogramm und dessen Unterstützung für Milizen in der Region. Beides sind zentrale Pfeiler der iranischen Sicherheitsstrategie – deren Aufgabe einer Kapitulation gleichkäme. Zudem kommen aus Washington widersprüchliche Signale. Während der Sondergesandte Steve Witkoff sagte, dass Trump ein „Verifizierungsprogramm“ anstrebe, sprach der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz von einem „kompletten Abbau“ der Atomanlagen. Die Vielstimmigkeit dürfte bestehende Zweifel in Teheran an der Verlässlichkeit von Absprachen mit Washington genährt haben.
In Teheran mehren sich zuletzt Stimmen, die vor direkten Verhandlungen mit US-Präsident Donald Trump warnen. Aus Sicht einflussreicher Kräfte innerhalb des Regimes sei das Risiko eines militärischen Angriffs durch die USA und Israel geringer als die politische Sprengkraft eines möglichen Abkommens. Ein Deal, der unter Druck zustande käme, könnte von Hardlinern als Akt der Kapitulation ausgelegt werden – mit potenziell verheerenden Folgen für die ideologische Stabilität der Islamischen Republik. Gerade die Machtbasis des Systems, das sich ideologisch auf Unabhängigkeit und Widerstand gegen den Westen gründet, könnte durch Konzessionen nachhaltig beschädigt werden.
Beobachter vermuten daher, dass Teheran bewusst auf Zeit spielt – in der Hoffnung, dass Trump letztlich vor einem offenen Krieg zurückschreckt. Denn trotz martialischer Rhetorik scheint Washington bislang kein strategisches Interesse an einer großangelegten militärischen Auseinandersetzung zu zeigen. Eine begrenzte Machtdemonstration – etwa durch gezielte Luftschläge – könnte innenpolitisch verwertbar sein, birgt jedoch unkalkulierbare Risiken, insbesondere in einem ohnehin angespannten Nahen Osten.
Gleichzeitig wächst der Druck von anderer Seite: Die israelische Regierung macht in Washington massiv Stimmung für eine militärische Lösung. Nach ihrer Auffassung bietet Irans derzeitige politische und wirtschaftliche Schwäche eine Gelegenheit, das iranische Atomprogramm durch einen entschlossenen Präventivschlag entscheidend zurückzuwerfen. Doch solche Überlegungen sind nicht ohne Risiko: Ein direkter Angriff könnte in Teheran als letzte rote Linie wahrgenommen werden – und das Regime dazu bewegen, endgültig den Bau einer Atomwaffe zu beschließen.
Bislang allerdings gehen die US-Geheimdienste davon aus, dass eine solche Entscheidung noch nicht gefallen ist. Fachleute warnen jedoch, dass Iran bei einem Strategiewechsel rasch handeln könnte: Die Produktion waffenfähigen Spaltmaterials wäre binnen weniger Tage möglich. Der Bau einer sogenannten „schmutzigen Bombe“ – etwa für einen Test – würde laut Experten jedoch mehrere Monate dauern.
Unklar bleibt bislang, wie die US-Regierung auf das iranische Angebot reagiert, weiterhin indirekte Gespräche zu führen. Während Trumps Administration bisher auf maximale Eskalation setzt, hatte sein Amtsvorgänger Joe Biden im Jahr 2021 über inoffizielle Kanäle in Wien versucht, das 2015 geschlossene und 2018 von Trump einseitig gekündigte Atomabkommen (JCPOA) zu reaktivieren – allerdings ohne Erfolg.
Das Angebot indirekter Verhandlungen scheint in Teheran als Kompromiss gedacht: Es signalisiert einerseits Gesprächsbereitschaft und soll gegenüber der kriegsmüden iranischen Bevölkerung ein Entgegenkommen demonstrieren. Andererseits vermeidet es eine direkte Konfrontation mit den Hardlinern, die einen „Diktatfrieden“ ablehnen. In der iranischen Öffentlichkeit wächst unterdessen der Wunsch nach wirtschaftlicher Entlastung – die Sanktionen haben tiefe Spuren hinterlassen.
Doch auch das Taktieren hat eine Deadline: Im Oktober läuft das verbliebene Rahmenwerk des Atomabkommens aus. Die europäischen Unterzeichnerstaaten – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – haben angekündigt, bis dahin eine Entscheidung über die Reaktivierung ausgesetzter UN-Sanktionen zu treffen, sollte der Iran sich bis zum Sommer nicht bewegen. Eine solche Entwicklung könnte eine neue Eskalationsspirale in Gang setzen: In Teheran wird offen damit gedroht, im Gegenzug aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen – ein Schritt, der weitreichende Konsequenzen für die regionale wie globale Sicherheitsarchitektur hätte.