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Tunesien – strategischer Partner oder autoritärer Risikofaktor für Europa?

12:31 PM - 23 Juni, 2025
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Von Ahmed Haridi

Tunesien ist für die Europäische Union nicht einfach irgendein Partner an der südlichen Mittelmeergrenze – das nordafrikanische Land spielt eine zentrale Rolle in der europäischen Migrations- und Sicherheitspolitik. Seit Juli 2023 stützt sich Brüssel auf eine mit 900 Millionen Euro ausgestattete Partnerschaft mit Präsident Kaïs Saïed, die offiziell der Stabilisierung der tunesischen Wirtschaft und der Modernisierung staatlicher Strukturen dienen soll. De facto aber ist die Vereinbarung ein migrationspolitischer Deal: Europa zahlt – und erwartet im Gegenzug, dass Tunesien als Vorposten europäischer Abschottung agiert und Fluchtbewegungen über das Mittelmeer unterbindet.

Nun legte die Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen einen weiteren Schritt in dieser Richtung vor: Sie schlug vor, Tunesien in das Verzeichnis sicherer Herkunftsstaaten aufzunehmen – eine politische Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Denn wer aus einem als „sicher“ eingestuften Land in die EU flüchtet, dem droht in der Regel ein beschleunigtes Asylverfahren mit geringer Anerkennungswahrscheinlichkeit und schneller Abschiebung. Die implizite Botschaft lautet: In Tunesien werde niemand politisch verfolgt. Doch diese Einschätzung steht im scharfen Kontrast zur Realität im Land.

Zeitgleich zum Brüsseler Vorschlag standen in Tunis rund 40 Männer und Frauen vor Gericht – wegen angeblicher Verschwörung gegen die Staatssicherheit. Beobachtern zufolge handelte es sich um einen politisch motivierten Schauprozess. Die Angeklagten: Menschenrechtsaktivisten, Oppositionelle, Journalistinnen und Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen – allesamt Personen, die sich in irgendeiner Weise kritisch gegenüber Präsident Saïed geäußert hatten. Der autoritär regierende Staatschef geht seit Monaten mit harter Hand gegen Kritikerinnen und Kritiker vor, lässt sie inhaftieren und stellt sie unter teils konstruierten Vorwürfen vor Gericht.

Die Fälle werfen ein grelles Licht auf die innenpolitische Lage in Tunesien: Die Justiz ist zunehmend politisiert, rechtsstaatliche Standards werden unterlaufen, und die Meinungsfreiheit ist massiv eingeschränkt. Dass ausgerechnet ein solches Land als „sicher“ im Sinne des europäischen Asylrechts gelten soll, wirkt nicht nur zynisch, sondern gefährdet die Glaubwürdigkeit europäischer Grundwerte.

Die Europäische Union steht damit vor einem Dilemma: Sie benötigt Partner in Nordafrika zur Migrationskontrolle – riskiert dabei aber, autoritäre Tendenzen zu stärken und die Rechte politisch Verfolgter zu missachten. Tunesien ist nicht nur ein strategischer Partner, sondern auch ein politisches Risiko. Die Frage ist: Wie viel Rechtsstaatlichkeit ist Europa bereit zu opfern, um seine Außengrenzen zu sichern?

Angeklagt war ein Querschnitt der tunesischen Gesellschaft: liberale wie islamistische Politiker, Geschäftsleute, Journalisten, Menschen aus der tunesischen Zivilgesellschaft. Als Kopf der angeblichen Verschwörung galt ein Unternehmer, der schon Verbindungen zum einstigen tunesischen Diktator Ben Ali unterhielt. Aber auch Feministinnen zählten dazu.

Auf der Liste der Angeklagten fand sich sogar der französische Intellektuelle Bernard-Henri Lévy. Medienberichten zufolge warf man ihm sowohl „Freimaurertum“ als auch Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad vor. Er habe den tunesischen Staat unterwandern wollen.

Die Öffentlichkeit war weitgehend ausgeschlossen, laut Medienberichten wurde nicht einmal die Anklageschrift verlesen. Nach einem Schnellverfahren verkündete das Gericht seine Urteile: Haftstrafen zwischen 13 und 66 Jahren. Lévy wurde zu 33 Jahren Haft verurteilt, in Abwesenheit natürlich.

Die Familien und Vertreter der Angeklagten sowie zivilgesellschaftliche Organisationen protestierten heftig. Von „Wahnsinn“, von einem „politischen Urteil“ und von „Justizmord“ war die Rede. „Dieser Prozess ist eine Beleidigung der Intelligenz, eine Ohrfeige für das Recht und Spucke ins Gesicht des Rechtsstaats“, schrieb ein ehemaliger tunesischer Minister und Menschenrechtsaktivist.

Der Anwalt Ahmed Souab, einer der bekanntesten des Landes, sprach vor Fernsehkameras davon, es seien nicht die Angeklagten gewesen, die in diesem Prozess „das Messer an der Kehle“ gespürt hätten, sondern der Vorsitzende des Gerichts. Er machte dazu eine Geste des Halsabschneidens. Souab wurde deshalb wegen „terroristischer Vergehen“ in Untersuchungshaft gesteckt.

Seine Anwaltskollegen beharren darauf, Souab habe keinesfalls den Richter bedrohen, sondern ausdrücken wollen: Präsident Kaïs Saïed habe die diffuse Anklageschrift in Auftrag gegeben und dem Gericht das Messer an die Kehle gesetzt, um harte Urteile zu erzwingen.

Der Prozess zeugt von einem Klima der zunehmenden Repression in Tunesien. Kaïs Saïed, 2019 erstmals zum Präsidenten gewählt, suspendierte am 25. Juli 2021 das Parlament, setzte den amtierenden Premierminister ab und berief eine neue Regierung. Auch die Justiz brachte er später unter seine Kontrolle. Im Juli 2022 ließ er sich einen weiteren Machtzuwachs in einem Referendum bestätigen. Oppositionelle klagen, in dem Land herrschten wieder dieselben Verhältnisse wie unter Diktator Ben Ali, der im Arabischen Frühling 2011 gestürzt wurde.

In der EU galt die Partnerschaft mit Tunesien als Blaupause für mittlerweile ebenfalls geschlossene Abkommen mit Mauretanien, Ägypten oder Libanon. Sie wurde eingefädelt von der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni in Abstimmung mit Ursula von der Leyen. Der Deal scheint sich für die EU ausgezahlt zu haben, denn die Zahl der von Tunesien übers Mittelmeer Richtung Italien geflüchteten Migranten ist stark gesunken. Das gilt sowohl für Menschen, die aus der Subsahara über Tunesien Richtung Europa flüchten, als auch für Bürgerinnen und Bürger Tunesiens.

Die EU-Mitgliedsländer und das Europaparlament müssen sich nun über den Vorschlag der Kommission verständigen, Tunesien auf die erste gesamteuropäische Liste von sicheren Herkunftsländern zu setzen. Das nordafrikanische Land erschiene damit in einer Reihe mit den offiziellen EU-Beitrittskandidaten (Ausnahme: Ukraine) sowie Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien und Marokko. Zehn EU-Staaten haben den Schritt bereits auf nationaler Ebene vollzogen. Das heißt, Asylanträge von tunesischen Bürgerinnen und Bürger werden grundsätzlich im Schnellverfahren behandelt. Die EU-weite Anerkennungsquote lag 2024 bei lediglich vier Prozent.

Die Kommission kommt zu dem Urteil, zwar gebe es in Tunesien Repressionen gegen Oppositionelle und sexuelle Minderheiten. Aber es handle sich nicht um systematische Verfolgung. Deshalb könne „der Schluss gezogen werden, dass die tunesische Bevölkerung im Allgemeinen nicht Verfolgung oder der Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt ist“. Und weiterhin werde jeder Antrag auf Asyl individuell geprüft.

Alle Veröffentlichungs- und Urheberrechte sind dem MENA Research Center vorbehalten.

Tags: EUMigrationTunesien

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